Intensiv: Stand 18.06.2019

Liebe Freunde,
seit dem letzten Blogeintrag ist schon wieder viel passiert. Leider ist es insgesamt nicht besser geworden. Schon beim letzten Mal habe ich geschrieben, dass Christina das sprechen schwer fiel und stellenweise durchgehend sehr schläfrig war. Dieser Zustand – also das schläfrige hat sich leider im Laufe der Zeit zusehends verstärkt. Aber es gibt mehrere Baustellen, die den Ärzten Sorge bereiten:

Entzündungswerte: Die Entzündungswerte sind schon seit Wochen hoch und man wusste nie genau woher das kommt. Nun muss man wissen, dass solche Entzündungswerte nicht ganz so transparent zu interpretieren sind. Wenn ich das richtig verstanden habe, so gibt es hier verschiedene Indikatoren. Ein Wert steigt beispielsweise schon, wenn man sich kräftig stößt oder eine Schürfwunde hat. Er ist bei Christina also nicht sonderlich aussagekräftig mit all den Eingriffen und Blutungen. Ein andere misst sich an den Leukozyten. Da diese aber unmittelbar von Christinas Leukämie und der Knochenmarkstransplantation tangiert sind, ist ein Anstieg der Leukos auch nicht leicht in die richtige Richtung zu interpretieren.
Nun hat man daher bislang ja mit den Antibiotika in alle möglichen Richtungen gefeuert. Seit Samstag hat man nun einen Erreger im Blut nachweisen können. Das ist insofern gut, als dass man sich so gezielter auf diesen Erreger einstellen kann. Es ist allerdings unklar, ob das der einzige Erreger ist. Bislang sind die Entzündungswerte durch die Umstellung der Antibiose auch nur marginal zurückgegangen, was wohl möglich damit zutun haben kann, dass es irgendwo in Christina einen Entzündungsherd gibt, den die Antibiose nicht erreicht.
Da der Erreger nun im Blut nachgewiesen wurde, haben sich die Ärzte dazu entschlossen Christinas ZVK zu wechseln und auch ihr Port, den sie nun schon seit fünf Jahren hatte, wurde entfernt. Das macht insofern Sinn, als dass durch den Port und ZVK das „infizierte“ Blut zirkuliert und sich solche Erreger gut und gerne an Plastik anheften und ansammeln können.

Nieren: Nach mehreren Tagen Dialyse hat man diese nun wieder ausgesetzt und Christina zusätzlich Wasser über die Vene gegeben, um so den Fluss in den Nieren „anzutriggern“. Das sah gestern und heute bei der linken Niere ganz gut aus – jedenfalls hat sie über den linksseitigen Schlauch einiges an Wasser ausgeschieden, rechts hat das leider nicht geklappt.

Aszites (Wasser im Körper): Dieses Thema hatte ich im Eintrag vom 12. Juni einmal angerissen. Christina hatte ja seit längerem darunter zu leiden, dass sie so unglaublich viel Wasser eingelagert hat – insbesondere in den Beinen und im Bauch, aus dem sie ihr ja zuletzt vier Liter entziehen konnten. Nun muss man das noch beobachten, aber die Ärzte sind noch immer ratlos, woher diese Wassereinlagerung kommt. Wenn man so will, hat man das Problem ja nur oberflächlich beseitigen können bzw. würden manchen sagen „gar nicht“, denn den Kern oder die Ursache dieser Aszites kennen wir leider immer noch nicht.

Schläfrigkeit: Diese vierte Baustelle hat gestern zu argen Problemen geführt, worauf ich anschließend näher eingehe. Leider hat Christina nachhaltig mit Schläfrigkeit zu kämpfen und war stellenweise gar nicht mehr ansprechbar. Selbst, als sie noch hier zuhause war, ist sie stellenweise über ihrem Handy eingeschlafen, wenn sie eine Nachricht schreiben wollte während es andere Tage gab, wo sie verhältnismäßig fit war. Wir haben das auf die vielen Medikamente geschoben, worunter ja auch diverse Schmerzmittel (inkl. Paladon) als auch ein Blasenmedikament war, welches Schläfrigkeit verursachen kann und während ihres Krankenhausaufenthaltes bekam sie u.a. Benzos gegen die Schmerzen, die jeden Profiboxer ausgeknockt hätten. Nun jedenfalls sind die Ärzte der Meinung, dass die Schläfrigkeit ein Ausmaß angenommen hat, was nicht mehr normal ist und zugegebenermaßen würde ich eher sagen, dass es zuletzt wirklich eine Ausgezehrtheit war. Das trifft es vielleicht eher, denn zuletzt war Christina wirklich so schlapp, dass sie zwei Tage nahezu durchgeschlafen hat und auch wenig bis gar nicht mehr reagiert hat, wenn man sie ansprach.

Erneute Intubation und aktueller Stand
Dadurch, dass Christina stellenweise so ausgezehrt war, hatte sie zuletzt tatsächlich Schwierigkeiten den Schleim, der sich in Folge der ersten Intubation und der Lungenentzündung gebildet hatte, abzuhusten. D.h. während sie atmete hörte man richtig, wieviel Schrott da in den Atemwegen saß.
Gestern, als ich gegen Abend bei ihr war, lag sie auf der Seite und schlief, als sie Spuke oder irgendwas in der Art einatmete. Sie wurde zwar wach, war aber nicht dazu in der Lage zu husten. Das heißt sie war total flachatmig, hochfrequent und schnappte fortwährend nach Luft, von der sie offensichtlich nicht mehr genug bekam. Ich habe Hilfe gerufen und so wurde ihr purer Sauerstoff zugeführt, sodass sie davon zumindest fürs erste genug bekam, obwohl sie nicht richtig einatmen konnte. Wir hatten aber schnell mehrere Assistenz- und Oberärzte samt Defi und Beatmungsgerät im Zimmer stehen und es stand zur Debatte Christina wieder zu ins künstliche Koma zu versetzen und sie zu beatmen, weil sie offensichtlich nicht mehr allein im Stande war, selbst abzuhusten. Während die Vorbereitungen liefen, hat es Christina irgendwann dann doch geschafft, einmal erfolgreich zu husten und atmete danach wieder normal. Das hatte bis dato aber sicherlich 30 Minuten gedauert aber so haben die Ärzte gestern noch mal davon abgesehen, zu intubieren. Christina war danach gefühlt aber noch schlapper. Und nach kurzer Zeit brodelte sie wieder total beim Atmen, sodass ich Angst hatte, sie könne sich jeden Moment wieder verschlucken. Nun, wie ich weiter oben schon geschrieben habe, haben sie Christina den Port rausgenommen – das war dann mehr oder weniger direkt nach der ganzen Schose. Man hat sie danach umgebettet und dabei hat sie sich nicht wieder verschluckt, sodass ich dann doch gegen 23.00 Uhr nach Hause gefahren bin gestern.
Als ich heute Morgen wieder zu ihr hingefahren bin, hat mich der Arzt allerdings direkt abgefangen und mir offenbart, dass sie sich nun doch dazu entschlossen haben, Christina künstlich zu beatmen. Sie sei über Nacht kein einziges Mal mehr ansprechbar gewesen und so sei ihnen das Risiko, dass sie nochmal Sekret einatmet einfach zu groß. Außerdem könnten sie so bestehendes Sekret aus der Lunge absaugen und bronchoskopieren. Gesagt getan. Christina wurde also doch wieder intubiert, sie haben die Lunge vom Schleim befreit und ihr anschließend einen Schnitt in die Luftröhre verpasst, um nicht zwangsläufig durch den Mund beatmen zu müssen. Das hat den Vorteil, dass sie Christina nicht sedieren müssen, da der Würgereflex so umgangen wird. Nachdem die Narkose ausgesetzt hat, wird sie also wieder so wach sein, wie es ihr eigener Zustand erlaubt. Zwar wird sie mit dem Ding nicht reden können, aber immerhin liegt sie dann nicht im Koma.

Ich habe gestern wirklich Angst um Christina gehabt und ich möchte mich auch im Namen Christinas bei Euch dafür bedanken, dass ihr in Gedanken so oft bei uns seid und uns Kraft schickt.

Eure / Euer

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