Intensiv: Stand 26.06.2019

Liebe Leute,

jetzt sind schon wieder einige Tage vergangen und ich will ich kurz erzählen, was sich getan hat:

Was uns alle sehr freut ist, dass Christina zwischenzeitlich so wach war, dass man sich mit ihr verständigen konnte – reden kann sie wegen der Beatmung nicht. In dieser Zeit war sie noch immer sehr schwach, aber konnte stellenweise schon wieder so strahlen, wie ich es von ihr gewohnt bin.

Leider hat das nur so 2-3 Tage angedauert, denn gestern und vorgestern war sie schon wieder so schlapp, dass sie kaum wahrgenommen hat, dass ich da bin. Die Ärzte wissen noch immer nicht, woran das genau liegt. An einer Stelle wurde mal ein erhöhter Kalziumwert als Ursache vermutet, welcher durch Dialyse nach wie vor nach unten korrigiert wird. Ein anderer Arzt tippte eher auf die erhöhten Entzündungswerte. Vielleicht ist es auch einfach ein Zusammenspiel vieler Faktoren, wie die beiden zuletzt genannten, als auch Dialyse, Medikamente, Schmerzen, Stress… ich weiß es auch nicht.

So richtig medizinische Neuigkeiten gibt es wenige. Bzgl. der Entzündungswerte haben sich die Ärzte nun auch dazu entschlossen, die beiden Katheter in den Nieren zu wechseln und eine Biopsie aus der Blase zu nehmen, um diese als möglichen Entzündungsherd in die Diagnostik mit einzubeziehen. Der Wechsel der Katheter, war immerhin ein kleiner Eingriff, der nicht auf der Intensivstation gemacht werden konnte, den Christina aber gut überstanden hat. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob sie sich überhaupt daran erinnern wird und das Ergebnis der Biopsie steht noch aus.

Gestern hieß es dann noch, dass bei Christina ein CMV Virus ausgebrochen sei. So wie ich es verstanden habe, gehört dieser Virus zu den Herpes-Viren, die jeder zweite von uns in sich trägt und für uns nicht näher relevant ist, da unser Immunsystem spielend damit klarkommt. Obwohl Christinas Immunsystem auf dem Papier in den letzten Wochen schon sehr viel stärker geworden ist, scheint sich dieser Virus nun trotzdem bei ihr „durchgeboxt“ zu haben. Was das jetzt konkret bedeutet, kann ich euch gar nicht sagen – die Info habe ich auch gestern Abend erst bekommen, aber die Ärzte haben die Medikation bereits entsprechend angepasst.

Ansonsten sind die Werte alle stabil. D.h. die Entzündungsparameter, schwanken immerzu ein wenig. Sie steigen zum Glück nicht weiter unter der Antibiose, allerdings sind sie auch immer noch viel zu hoch und man kann ja bekanntlich nicht über alle Zeit Antibiotika geben.

Die Aszitis scheint im Moment keine Rolle zu spielen. Ihr Bauch wird regelmäßig geschallt und bislang hat sich hier noch nicht wieder so viel Wasser angesammelt, als dass die Ärzte hier eingreifen müssten. Auf der anderen Seite hat Christina auch noch immer ein Loch im Bauch, über das das Wasser abfließen kann. Ansammeln kann es sich also so oder so nicht wirklich….

Bei den Nieren muss sich nun zeigen, wie sie nach dem Wechsel der Katheter arbeiten. Die Nierenwerte sind nach wie vor erhöht.

Über den Rest habe ich euch glaube ich schon informiert. Also gefühlt drehen wir uns gerade ein wenig im Kreis.

Liebe Grüße

Intensiv: Stand 21.06.2019

Hallo zusammen,
ich habe gar nicht so sehr viel zu berichten. Allerdings gibt es zwei Punkte, die mich wieder etwas positiver stimmen und ohne die, will ich Euch nicht in’s Wochenende entlassen:

Die Entzündungswerte sind die letzten Tage ganz gut gefallen und Christina hat gestern 3-4 Mal die Augen aufgemacht und war augenscheinlich ein paar kurze Momente im Hier und Jetzt. Das hat zwar nicht lange angehalten und sie verweigert die Aufforderung konsequent, den Ärzten einen „kräftigen Händedruck“ zu geben, aber immerhin scheint sie ganz ganz allmählich etwas wacher zu werden.

Die Erfahrung hat Christina und mich leider gelehrt, so etwas nicht überzubewerten, dennoch ist es für den Moment sicher was sehr erfreuliches!

Intensiv: Stand 18.06.2019

Liebe Freunde,
seit dem letzten Blogeintrag ist schon wieder viel passiert. Leider ist es insgesamt nicht besser geworden. Schon beim letzten Mal habe ich geschrieben, dass Christina das sprechen schwer fiel und stellenweise durchgehend sehr schläfrig war. Dieser Zustand – also das schläfrige hat sich leider im Laufe der Zeit zusehends verstärkt. Aber es gibt mehrere Baustellen, die den Ärzten Sorge bereiten:

Entzündungswerte: Die Entzündungswerte sind schon seit Wochen hoch und man wusste nie genau woher das kommt. Nun muss man wissen, dass solche Entzündungswerte nicht ganz so transparent zu interpretieren sind. Wenn ich das richtig verstanden habe, so gibt es hier verschiedene Indikatoren. Ein Wert steigt beispielsweise schon, wenn man sich kräftig stößt oder eine Schürfwunde hat. Er ist bei Christina also nicht sonderlich aussagekräftig mit all den Eingriffen und Blutungen. Ein andere misst sich an den Leukozyten. Da diese aber unmittelbar von Christinas Leukämie und der Knochenmarkstransplantation tangiert sind, ist ein Anstieg der Leukos auch nicht leicht in die richtige Richtung zu interpretieren.
Nun hat man daher bislang ja mit den Antibiotika in alle möglichen Richtungen gefeuert. Seit Samstag hat man nun einen Erreger im Blut nachweisen können. Das ist insofern gut, als dass man sich so gezielter auf diesen Erreger einstellen kann. Es ist allerdings unklar, ob das der einzige Erreger ist. Bislang sind die Entzündungswerte durch die Umstellung der Antibiose auch nur marginal zurückgegangen, was wohl möglich damit zutun haben kann, dass es irgendwo in Christina einen Entzündungsherd gibt, den die Antibiose nicht erreicht.
Da der Erreger nun im Blut nachgewiesen wurde, haben sich die Ärzte dazu entschlossen Christinas ZVK zu wechseln und auch ihr Port, den sie nun schon seit fünf Jahren hatte, wurde entfernt. Das macht insofern Sinn, als dass durch den Port und ZVK das „infizierte“ Blut zirkuliert und sich solche Erreger gut und gerne an Plastik anheften und ansammeln können.

Nieren: Nach mehreren Tagen Dialyse hat man diese nun wieder ausgesetzt und Christina zusätzlich Wasser über die Vene gegeben, um so den Fluss in den Nieren „anzutriggern“. Das sah gestern und heute bei der linken Niere ganz gut aus – jedenfalls hat sie über den linksseitigen Schlauch einiges an Wasser ausgeschieden, rechts hat das leider nicht geklappt.

Aszites (Wasser im Körper): Dieses Thema hatte ich im Eintrag vom 12. Juni einmal angerissen. Christina hatte ja seit längerem darunter zu leiden, dass sie so unglaublich viel Wasser eingelagert hat – insbesondere in den Beinen und im Bauch, aus dem sie ihr ja zuletzt vier Liter entziehen konnten. Nun muss man das noch beobachten, aber die Ärzte sind noch immer ratlos, woher diese Wassereinlagerung kommt. Wenn man so will, hat man das Problem ja nur oberflächlich beseitigen können bzw. würden manchen sagen „gar nicht“, denn den Kern oder die Ursache dieser Aszites kennen wir leider immer noch nicht.

Schläfrigkeit: Diese vierte Baustelle hat gestern zu argen Problemen geführt, worauf ich anschließend näher eingehe. Leider hat Christina nachhaltig mit Schläfrigkeit zu kämpfen und war stellenweise gar nicht mehr ansprechbar. Selbst, als sie noch hier zuhause war, ist sie stellenweise über ihrem Handy eingeschlafen, wenn sie eine Nachricht schreiben wollte während es andere Tage gab, wo sie verhältnismäßig fit war. Wir haben das auf die vielen Medikamente geschoben, worunter ja auch diverse Schmerzmittel (inkl. Paladon) als auch ein Blasenmedikament war, welches Schläfrigkeit verursachen kann und während ihres Krankenhausaufenthaltes bekam sie u.a. Benzos gegen die Schmerzen, die jeden Profiboxer ausgeknockt hätten. Nun jedenfalls sind die Ärzte der Meinung, dass die Schläfrigkeit ein Ausmaß angenommen hat, was nicht mehr normal ist und zugegebenermaßen würde ich eher sagen, dass es zuletzt wirklich eine Ausgezehrtheit war. Das trifft es vielleicht eher, denn zuletzt war Christina wirklich so schlapp, dass sie zwei Tage nahezu durchgeschlafen hat und auch wenig bis gar nicht mehr reagiert hat, wenn man sie ansprach.

Erneute Intubation und aktueller Stand
Dadurch, dass Christina stellenweise so ausgezehrt war, hatte sie zuletzt tatsächlich Schwierigkeiten den Schleim, der sich in Folge der ersten Intubation und der Lungenentzündung gebildet hatte, abzuhusten. D.h. während sie atmete hörte man richtig, wieviel Schrott da in den Atemwegen saß.
Gestern, als ich gegen Abend bei ihr war, lag sie auf der Seite und schlief, als sie Spuke oder irgendwas in der Art einatmete. Sie wurde zwar wach, war aber nicht dazu in der Lage zu husten. Das heißt sie war total flachatmig, hochfrequent und schnappte fortwährend nach Luft, von der sie offensichtlich nicht mehr genug bekam. Ich habe Hilfe gerufen und so wurde ihr purer Sauerstoff zugeführt, sodass sie davon zumindest fürs erste genug bekam, obwohl sie nicht richtig einatmen konnte. Wir hatten aber schnell mehrere Assistenz- und Oberärzte samt Defi und Beatmungsgerät im Zimmer stehen und es stand zur Debatte Christina wieder zu ins künstliche Koma zu versetzen und sie zu beatmen, weil sie offensichtlich nicht mehr allein im Stande war, selbst abzuhusten. Während die Vorbereitungen liefen, hat es Christina irgendwann dann doch geschafft, einmal erfolgreich zu husten und atmete danach wieder normal. Das hatte bis dato aber sicherlich 30 Minuten gedauert aber so haben die Ärzte gestern noch mal davon abgesehen, zu intubieren. Christina war danach gefühlt aber noch schlapper. Und nach kurzer Zeit brodelte sie wieder total beim Atmen, sodass ich Angst hatte, sie könne sich jeden Moment wieder verschlucken. Nun, wie ich weiter oben schon geschrieben habe, haben sie Christina den Port rausgenommen – das war dann mehr oder weniger direkt nach der ganzen Schose. Man hat sie danach umgebettet und dabei hat sie sich nicht wieder verschluckt, sodass ich dann doch gegen 23.00 Uhr nach Hause gefahren bin gestern.
Als ich heute Morgen wieder zu ihr hingefahren bin, hat mich der Arzt allerdings direkt abgefangen und mir offenbart, dass sie sich nun doch dazu entschlossen haben, Christina künstlich zu beatmen. Sie sei über Nacht kein einziges Mal mehr ansprechbar gewesen und so sei ihnen das Risiko, dass sie nochmal Sekret einatmet einfach zu groß. Außerdem könnten sie so bestehendes Sekret aus der Lunge absaugen und bronchoskopieren. Gesagt getan. Christina wurde also doch wieder intubiert, sie haben die Lunge vom Schleim befreit und ihr anschließend einen Schnitt in die Luftröhre verpasst, um nicht zwangsläufig durch den Mund beatmen zu müssen. Das hat den Vorteil, dass sie Christina nicht sedieren müssen, da der Würgereflex so umgangen wird. Nachdem die Narkose ausgesetzt hat, wird sie also wieder so wach sein, wie es ihr eigener Zustand erlaubt. Zwar wird sie mit dem Ding nicht reden können, aber immerhin liegt sie dann nicht im Koma.

Ich habe gestern wirklich Angst um Christina gehabt und ich möchte mich auch im Namen Christinas bei Euch dafür bedanken, dass ihr in Gedanken so oft bei uns seid und uns Kraft schickt.

Eure / Euer

Intensiv: Stand 14.06.2019

Liebe Leute,

Christinas Eltern und ich fahren täglich zu Christina und gefühlt gibt es immer irgendwie eine kleine Entwicklung in die eine oder in die andere Richtung. Beispielsweise ist Christina an einem Tag klarer bei Verstand und wacher und einen Tag später ist sie durchgehend sehr schläfrig und ich habe sie größtenteils nicht verstanden, wenn sie in einem wacheren Moment versucht hat, mit mir zu sprechen.

Nun bin ich kein Fachmann und ich neige immer schnell dazu, meine Eindrücke zu bewerten. Letztendlich sind das glaube ich aber subjektive Empfindungen, denn was entscheidend ist, sind ja Christinas Werte auf dem Papier. Was das angeht sind die Werte, die uns Anfang der Woche so arge Sorgen bereitet haben, noch immer stabil – wenngleich die Situation noch als kritisch betrachtet werden muss.

Leider hat Christina sich seit Anfang der Woche eine Lungenentzündung eingefangen und die Entzündungswerte sind nach wie vor hoch. Bislang haben die Ärzte diese noch nicht in den Griff bekommen und feuern mit Antibiotika in alle Richtungen. Man hat sich gestern auch dazu entschlossen zu dialysieren, weil Christinas Nieren nach wie vor nicht so arbeiten wollen wie gewünscht – es sah für mich eher so aus, als hätten die Nieren ihren Dienst gänzlich eingestellt.

Wie ich oben schon angedeutet habe kostet es Christina stellenweise echt Mühe zu sprechen und gestern war es zudem nicht so einfach Christina überhaupt zu verstehen. Ich glaube sie hat auch zwischendurch phantasiert und ich bin mir auch nicht sicher, was sie so von der Außenwelt alles mitbekommen hat. Ich habe ihr aber von jedem einzelnen Genesungswunsch erzählt, der mich erreicht hat, ich habe ihr Grüße ausgerichtet und von der großen und vor allem breiten Resonanz von euch erzählt. Auch wenn ich nicht sagen kann, ob es sie erreicht hat, so möchte ich euch bitten, weiter an Christina zu denken. Ich habe lange damit gehadert, diese Bitte in der Form so direkt zu äußern, da ich euch eigentlich so wertfrei und (wenn überhaupt möglich) so objektiv wie möglich über den Stand der Dinge informieren möchte, ohne zu dramatisieren oder zu verharmlosen. Nichtsdestotrotz ist die Situation noch immer kritisch und so möchte ich euch doch bitten, weiterhin in Gedanken bei Christina zu sein!!

Vielen Dank ihr Lieben!

Ein Schockmoment

Hallo liebe Leute,

nun ist es ein zweites Mal soweit, dass ich mich in Christinas Namen bei Euch melde. Zwar konnte ich Christina bislang noch nicht fragen ob das okay ist, aber ich denke das ist in ihrem Sinne. Aber von vorne:

Seit dem letzten Eintrag von Christina ist tatsächlich viel geschehen und ich hoffe ich kann den Werdegang korrekt wiedergeben.

Nierenwerte und stationäre Aufnahme vor Pfingsten

Christinas Nierenwerte haben den Ärzten vor Pfingsten nach wie vor arge Sorgen gemacht und so hieß es Anfang der letzten Woche im Rahmen einer der vielen Routinekontrollen, dass die Ärzte sie gerne stationär dabehalten wollen, da neben den Nierenwerten auch die Entzündungswerte einen unberuhigenden Verlauf nahmen. Gesagt getan. Der nächste Ansatz war nun, die Schienen wieder zu entfernen, da sie zum einen als mögliche Ursache für die steigenden Entzündungswerte vermutet wurden und zum anderen nicht die verhoffte Entlastung der Nieren bewirkt haben. Wenn ich es noch richtig im Kopf habe, wurden stattdessen nun Stents gelegt, da sie etwas größer und unflexibler sind. Zudem haben die Ärzte versucht, die Nieren direkt zu entlasten, indem die Nierenbecken katheterisiert wurden. D.h. Christina hat seitdem zwei Schläuche mit Beuteln aus dem Rücken laufen, durch die der Harn direkt abfließen soll. Ich glaube das trifft so ziemlich den Stand von kurz vor Pfingsten.

OP und Entwicklung über das Pfingstwochenende

Zwar waren die Nierenwerte durch den Eingriff nun leicht rückläufig, aber noch immer viel zu hoch. D.h. die erhoffte Entlastung hatten wir noch immer nicht erreicht. Immerhin waren die Entzündungswerte auf dem Weg der Besserung, sodass man mit den „alten“ Schienen, wohl den Entzündungsherd ausgemacht hatte.

Wie ihr noch aus den früheren Einträgen rund um die Blase wisst, ist es sehr wichtig, die Blase stetig zu spülen. Auf diese Weise kann das Blut, was die Blase durch diverse Reizungen abgibt, nicht gerinnen und zu Blutkoageln führen, denn daraus ergab sich schon so oft ein sehr schmerzhafter Harnverhalt, der wiederum eine OP zur Folge hat. Ärgerlicherweise hat das mit dem Spülen nach dem Eingriff nicht in einem kontinuierlichem Tonus funktioniert. Aus welchem Grund auch immer, haben die Pfleger es viele Male nicht zeitig geschafft, neue Flüssigkeitsbeutel anzuhängen, sodass kein stetiger Fluss gegeben war. Die Folge: Blutkoagel, Blasenkrämpfe und die Überlegung, ob man nochmal operiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte Christina schon so ziemlich die Maximaldosis an Schmerzmitteln erreicht, die sie täglich nahm. Ein hinzugerufener Urologe bestätigte, dass man nun eigentlich wieder operieren müsse, doch nach Rücksprache mit seinem Oberarzt waren die Urologen sich einig, dass die Blase mittlerweile einfach zu sehr Pulverfass sei, als dass man nun wieder an selbiger „manipulieren“ wolle. Der neue Ansatz lautet wie folgt:

Die Urologen wollen es nun bewusst zu dem befürchteten Harnverhalt kommen lassen, d.h. die Spülkatheter wurden gezogen und man lässt die Blase sich mehr oder weniger „einbluten“, sodass sie sich sozusagen selbst von innen heraus verschließt, da das Blut ja letztlich gerinnt. Dadurch, dass im Endergebnis keine Flüssigkeit mehr von „oben“ in die Blase fließen kann, erhoffen die Ärzte sich, dass der Urin direkt aus den Nierenbecken durch die Nierenkatheder abfließen kann. D.h. die Blase wäre theoretisch einmal komplett aus dem Spiel genommen. Dieser Prozess soll allerdings sehr schmerzhaft sein, weswegen u.A. eine Spinalanästhesie vorgesehen war, ähnlich der, wie sie beispielsweise bei Geburten eingesetzt wird. Soweit kam es allerdings nicht…

Entlastung des Bauches

Christina klagt schon seit langem über Wasser in ihrem Bauch. Das war immer mal mehr und mal weniger und hat aber häufig dazu geführt, dass sie ein derartiges Völlegefühl hatte, dass sie kaum mehr was essen oder trinken konnte. Bei ihrem Gewicht, den ganzen Medikamenten und bei der Blasen- und Nierenproblematik ist es natürlich wichtig viel zu trinken – ein Teufelskreis, wie ihr euch vorstellen könnt. Nun war es am Pfingstmontag soweit, dass sich die Ärzte diesem Problem angenommen haben und den Bauch punktiert haben, um den Bauch zu entlasten. Tatsächlich haben sie vier Liter Wasser ablassen können und dazu zählt noch nicht einmal das Wasser, was sie zusätzlich in den Beinen einlagert. Nun kennt ihr Christina alle und sie ist gefühlt schon immer nicht viel mehr als ein Strich in der Landschaft gewesen. Rechnet man nun die vier Liter Wasser und das Wasser in den Beinen ab, so bleibt nicht mehr viel Gewicht über. Entsprechend wird sie im Krankenhaus künstlich ernährt.

Not-OP

An diesem Tag war Christina eigentlich ganz gut zurecht. Die Ärzte hatten die Schmerzmittel erhöht, sodass sie mehr oder weniger schmerzfrei war und wir beide waren froh, dass sich endlich mal der Problematik des Bauchwassers angenommen wurde. Christina war durch die Medis zwar sehr schläfrig und diffus, aber immerhin entspannt. Gegen 17:00 Uhr sowas hat Christina allerdings doch über Schmerzen im Bauch geklagt – insbesondere, wenn sie tief einatmete. Da ja nun gerade vier Liter Wasser aus ihrem Bauch geflossen sind, war das zunächst nichts, was die Ärzte beunruhigt hätte. Es konnte natürlich sein, dass der Schlauch, der immer noch in Christinas Bauch steckte, nun bei niedrigerem Bauchvolumen irgendwo Schmerzen verursachte. Sicherheitshalber wurde aber ein Ultraschall gemacht und ein Termin beim Röntgen vereinbart, um abzuklären, ob der Schlauch wohl möglich den Darm beschädigt hat. Ich war eigentlich im Begriff zu fahren und habe die Ärztin noch gefragt, ob ich warten könne oder wie lange das wohl dauern würde. Ehrlicherweise müsse man von zwei Stunden ausgehen, sagte sie mir. „Dann kann es ja nicht so akut sein“, dachte ich mir und so habe ich mich von Christina verabschiedet. Zuhause angekommen habe ich mich gegen 19:00 Uhr bei der Station nach dem Röntgen erkundigen wollen. Die Schwester hat mir dann allerdings keine Auskunft geben können und meinte, dass die Ärztin mich zurückrufen würde. Um kurz nach acht, rief die Ärztin dann zurück und sagte mir, dass das Röntgen ohne Befund verlaufen sei. Allerdings habe Christina danach zunehmend abgebaut, da sie innere Blutungen habe. Man habe sie in ein künstliches Koma versetzt, intubieren müssen und sie auf die Intensivstation gebracht. Dort haben die Ärzte ihr viele Blutkonserven und Blutgerinnungsmittel gegeben und sie sei nun auf dem Weg ins CT, um den Ursprung der Blutung auszumachen. Ein Anruf bei dem Arzt auf der Intensivstation ergab, dass Christina im Rahmen der Punktion eine Verletzung in der unteren Bauchdecke erlitten habe und sie nun operiert werde, um die Blutung zu stoppen. Gegen Mitternacht könnte ich ein Ergebnis erfragen.

Gegen 0:00 Uhr konnten die Ärzte mir sagen, dass die OP soweit gut verlaufen sei und nun die nächsten Stunden geschaut werden müsse, ob die Blutung nicht wieder ausbricht. Die Blut- und Kreislaufwerte seien aber momentan stabil und wenn ich diese Nacht keinen Anruf von ihnen bekäme, so könne man vorsichtig Entwarnung geben und sie möglichweise am nächsten Tag aus dem künstlichen Koma holen.

Ich habe Christina am nächsten Morgen besucht und mitbekommen, wie sie aus dem Koma geholt wurde. Kein Pfleger und kein Arzt haben unabhängig voneinander eine Gelegenheit ausgelassen, um Christinas Mutter und mir zu sagen, wie knapp das den Tag zuvor war. Der Arzt hat sich noch bei mir entschuldigt, dass er sich abends nicht eher bei mir gemeldet hat, aber sie seien alle zu sehr mit Christina beschäftigt gewesen. Später habe ich erfahren, dass der HB zuletzt nur noch bei 3,0 gewesen sei. Christina habe keine Würge-, Husten- oder Schmerzreflexe mehr gezeigt und war nicht mehr ansprechbar.

Aktueller Stand am 12.06.19

Nun, da Christina wieder aus dem Koma erwacht ist, ist sie immer noch nicht wirklich ansprechbar. Mal reagiert sie auf Fragen mit Kopfnicken oder Kopfschütteln, ein anderes Mal schaut sie noch durch einen durch. Ähnlich wie bei einer Reanimation, muss sich der Körper nach so einer Schocksituation erst von dieser erholen. So kann es schon sein, dass Reaktionen verlangsamt sind und es ein wenig Zeit braucht. Es ist auch noch offen, ob Christinas Nieren oder andere Organe Schaden davongetragen haben. Das wird sich jetzt alles im Laufe der Tage klären, denke ich.

Ich bin momentan einfach nur dankbar, für alle Schutzengel, die vorgestern für Christina da waren. Ich habe den größten Respekt vor allen Pflegern und Ärzten, die es sich tagtäglich zur Aufgabe machen, Leben zu retten. Und ich bin dankbar für alle Menschen, die Blut spenden, ohne dass Christina nun nicht mehr unter uns wäre.

Alle die, die sich scheuen oder aus welchen Gründen auch immer den letzten Termin zur Blutspende verpasst haben möchte ich sagen: Denkt bitte nochmal drüber nach…