Es ist so viel passiert…

Hallo ihr Lieben,

ich habe meinen Blog lange Zeit sehr vernachlässigt. Das wird sich jetzt ändern. Ich möchte ab heute wieder regelmäßig schreiben. Der Anlass dafür ist nicht wirklich schön. Ich bin mal wieder krank.

Aktuell liege ich im Krankenhaus auf der KMT-Station. Keine Sorge keine Transplantation. Ich bekomme jetzt erst einmal Antikörper, die die Leukämiezellen vernichten sollen. Die Antikörper hatte ich 2016 vor meiner Transplantation schon einmal bekommen.

Wer bisher nicht auf dem Laufenden ist, für den schreibe ich die verrückte Geschickte meiner Neuerkrankung einfach noch einmal auf. Wen es langweilt, kann einfach runter scrollen, dort gibt es dann Infos zum aktuellen Stand.

Nach der Bestrahlung an der Brust und dem positiven (also guten) PET-CT-Befund im März lief es bei mir eine Zeit lange sehr gut. In den Job hatte ich Woche für Woche besser zurück gefunden und mich dort auch immer wohler gefühlt. Ich dachte, so kann es doch jetzt was werden. Die Arzttermine nahmen langsam ab und ich hatte große Hoffnung, dass ich / wir endlich zur Ruhe kommen können.

Im Juni fühlte ich dann allerdings einen Knubbel im Gesicht, ungefähr dort wo auch die Speicheldrüse sitzt. Ein Schock, was ist das? Die Onkologen meinten, dass es etwas ist, das da hingehört. Dem konnte ich nur wiedersprechen, war aber auch froh, dass sich jetzt nicht eine weitere Baustelle mit vielen Arztterminen und möglichen Schmerzen auftat. Schön wär’s gewesen. Mitte Juli, genau an dem Tag, an dem wir in den Urlaub fahren wollten, ausgerechnet an einem Sonntag, schwillt dieser Knubbel an und macht höllische Schmerzen. Auf einem Sonntag konnte ich jetzt auch keinen Arzt zur Rate ziehen und wollte mir den Urlaub auch gar nicht versauen lassen, also sind wir losgefahren. Mit viel Ibuprofen und stetigem kühlen, wurden die Schmerzen dann auch innerhalb von zwei Tagen besser und ich konnte den Urlaub noch genießen. Bei meinem nächsten Kontrolltermin bei meinen Onkologen habe ich die Symptomatik beschrieben. Die Symptomatik bestätigte die Onkologen aber nur darin, dass es kein Krebs sein kann, da Tumore nicht an- und dann wieder abschwellen würden.

Anfang August hatte ich dann erneut diese höllischen Schmerzen. Auf Anraten einer Freundin bin ich zum Zahnarzt gegangen, mit dem Verdacht, dass der Knubbel ein geschwollener Lymphknoten ist, der auf eine entzündete Zahnwurzel reagiert. Dies war leider nicht der Fall. Der Zahnarzt hat mich, mit dem Verdacht eines Speicheldrüsensteins, in die Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie ins UKM geschickt. Die Ärzte dort waren sich nicht ganz sicher ob es sich um einen Speicheldrüsenstein handelt. So oder so, ein MRT musste her. Versuch mal kurzfristig an ein MRT zu kommen…ich habe es nicht geschafft und musste vier Wochen darauf warten. In der Zwischenzeit hatte ich dann erneut einen Kontrolltermin bei meinem Onkologen, der ziemlich erschrak. Mit der Zeit war mein Knubbel ganz schön gewachsen und nun auch von außen sichtbar. Alles wurde beschleunigt. Vier Tage später MRT, ein Tag später Termin in der Kieferchirurgie. Beurteilung: kein Speicheldrüsenstein. Nächster Morgen OP. Das Ding musste so schnell wie möglich raus. Laut des Professors sei der Knubbel so dick gewesen wie sein Daumen bis unter das erste Gelenk. Was er da rausgenommen hatte, konnte er aber auch nicht sagen. Freitagabend (Mittwoch OP) kam dann das Ergebnis. Ein abgekapselter Tumor, voll mit Leukämiezellen. Der gleiche Mist wie in der Brust. Ich hatte es befürchtet. Meine Welt geriet ins Wanken. Ich wusste, dass ein erneuter Tumor bedeutete, dass es jederzeit weiterhin zu Tumoren kommen könnte und was das für mein Leben bedeuten würde.

Was ist das überhaupt für eine Leukämie, die in Form von Tumoren auftritt? Erneut ein Sonderfall! So in dieser Form tritt es nämlich eigentlich nicht auf. Es kommt wohl vor, dass die Leukämie im Gewebe auftritt, aber dann an mehreren Stellen gleichzeitig und auch recht schnell wieder im Knochenmark und im Blut. Die Ärzte können meine Leukämie aber nicht im Knochenmark oder im Blut feststellen. Das ist alles ganz sauber und voll in Ordnung. Abgekapselte Tumore voll mit Leukämiezellen. Was bedeutet das? Und die große Frage: Wie behandelt man das? Das haben sich die Ärzte auch gefragt. Sonderfall bedeutet halt auch, dass es kein Standardprotokoll für die Behandlung gibt. Das ist echt Sch… Ich musste diverse Untersuchungen über mich ergehen lassen. Unter anderem eine Darmspiegelung, da im PET-CT eine Auffälligkeit im Darm zu sehen gewesen war und eine Lumbalpunktion, da ich komische Symptome im Bein hatte sowie die üblichen Untersuchungen wie Knochenmarkspunktion, MRT, etc. Somit war ich wieder voll in der alten Schiene drin. Nichts mehr mit Alltag und zur Ruhe kommen. Nach vielen Untersuchungen, Recherchen und Besprechungen haben sich die Ärzte dann für eine Therapie entschieden. Die Entscheidung ist logisch, ernüchternd und brachte meine Welt ganz zum einstürzen. Ich soll erst einmal Antikörper bekommen und dann im Anschluss erneut transplantiert werden… Unverständnis. Warum? … Finde die Antwort auf die Frage: „Wie kann es passieren, dass Tumore mit Leukämiezellen an verschiedenen Lokalitäten im Körper auftreten? Anscheinend sind in meinem Körper Leukämiezellen außerhalb des Knochenmarktes und des Blutes, die wir in keiner Untersuchungen sehen/messen können. Wäre der Tumor erneut in der Brust aufgetreten, hätte man gesagt, wir haben nicht genug bestrahlt. Wieso tritt der nächste Tumor aber in der Wange auf? Irgendwo sind Leukämiezellen. Ich könnte jetzt auf den nächsten Tumor warten, den dann wieder rausnehmen lassen usw. usf.. Das Risiko einen weiteren Tumor, den ich z.B. nicht erfühlen kann, zu verpassen oder noch schlimmer, dass die Leukämie wieder vollkommen ausbricht, im Knochenmark, Blut und im Gewebe, ist allerdings recht hoch. Die Leukämie dann in den Griff zu bekommen ist schwer und das Ergebnis ungewiss. Deshalb die logische Konsequenz: wir müssen noch einmal transplantieren, um alle Leukämiezellen zu beseitigen. Die Antikörper bekomme ich vorab, da man bei meiner Leukämieform die Transplantation in Vollremission machen sollte, was bedeutet ohne Leukämie. Die Hoffnung ist jetzt, dass die Antikörper die Leukämiezellen abtöten, ich dann im Anschluss Leukämiefrei transplantiert werden kann, dann endgültig alle Leukämiezellen vernichtet werden und ich danach Leukämie frei bleibe. Die Antikörper reichen als Maßnahme nicht aus. Vor allem deshalb nicht, da es noch keine Langzeitstudien gibt und man nicht sicher weiß, ob es langfristig erfolgreich wäre. Wir gehen auf Nummer sicher.

Ich werde jetzt eine Woche im Krankenhaus sein. Die Antikörper werden zur Vorsicht zunächst stationär verabreicht, was auch sehr sinnvoll ist. Ich habe in der ersten Nacht tatsächlich auch direkt mit Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Kopf- und Gliederschmerzen auf die Antikörper reagiert. Seit Freitagnachmittag bin ich aber auch schon wieder fit. Nach der einen Woche im Krankenhaus werden die Antikörper weiter über eine mobile Pumpe laufen, die ich für drei Wochen mit mir rumschleppen darf. Ob ein oder zwei weitere Zyklen mit Antikörpern gemacht werden, ist noch nicht ganz klar und auch abhängig vom nächsten PET-CT Ergebnis. Wenn die Therapie mit den Antikörpern abgeschlossen ist, werde ich transplantiert.

Recht nüchtern beschrieben, aber was macht das mit einem. Für mich ist es gefühlt eine riesen große Sch…, eine unfassbare Katastrophe, Unverständnis, Verzweiflung. Mein Leben ein Scherbenhaufen. Die Hoffnung auf Normalität zunichte gemacht. Der Plan B in Stücke zerlegt. Der Blick in die Zukunft fällt oft schwer. Eine Traurigkeit, die mich umgibt, Angst und Wut, Kraftlosigkeit und Erschöpfung. Der Plan A für mein Leben liegt schon lange in Scherben. Ich habe versucht, mich mit einem Plan B anzufreunden, wenn ich es auch noch nicht geschafft hatte, habe ich doch versucht, die Unveränderlichkeit meiner Situation zunehmend mehr zu akzeptieren. Einen Plan B hatte ich noch nicht mal entwickelt, aber Ideen gesammelt, vielleicht könnte ich meine komplette Energie in die Arbeit stecken, vielleicht die Welt bereisen und mir viele tolle Erlebnisse schaffen. So ein Plan B, irgendwie schwer vorstellbar mit den vielen Folgen der langen Erkrankungszeit, aber vielleicht ein Weg, einer neuer Weg, eine andere Möglichkeit mein Leben zu gestalten… Und jetzt? Ich weiß es nicht. Was ist da gerade für mich? Leukämie, Schmerzen, ein langer Leidensweg. Gesund werden, ja das ist das Ziel, aber mit welcher Kraft? Mein Körper fühlt sich schon jetzt kraftlos und zermürbt an, ich bin erschöpft in jeglicher Hinsicht. Ich habe Angst vor der Transplantation. Ich möchte nicht erneut durch diese Hölle gehen, mein Leben erneut für eine sehr lange Zeit auf Eis legen, Abstand  nehmen von den Dingen, die mir Freude bereiten, den Job verlieren, der mir Spaß macht und mir Kraft gibt. Ich weiß, dass mein Körper nach der Transplantation nicht mehr derselbe ist, der er ja jetzt schon nicht mehr ist. Kann mein Körper noch mehr verkraften? Kann ich das verkraften? Stark, Kraftvoll und voller Energie…nicht Heute.

 

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