Stand 28.06.2016

Ja liebe Leute, was soll ich schreiben? Es hat sich wenig verändert und so wahnsinnig viel erlebe ich ja nun auch nicht. Den Kaffee, den ich gerade trinke, der ist lecker 🙂 .

Also, ich war gestern wieder bei der Kontrolle im UKM. Die Werte sind weiterhin stabil und meine Ärzte sind gut zufrieden. Die Wehwehchen sind geblieben, aber alles ist gut zu tolerieren. Außerdem fühle ich mich seit ein paar Tagen morgens nicht mehr so ganz zittrig und kraftlos, was wirklich gut ist. Toi Toi Toi, ich trau dem Braten nicht ganz, aber für den Moment fühlt es sich wirklich gut an 😉 Ich bin froh, dass ich so fit bin, wie ich bin und bisher alles gut verläuft.

Ansonsten habe ich Donnerstag, als es so heiß war, glaube ich ein paar Menschen irritiert. Es war so warm und da bin ich einfach ohne Mütze und mit Mundschutz einkaufen gegangen. Wenn ich einen Mundschutz tragen, gucken ja schon einige komisch, aber wenn man (Frau) dann auch noch eine Glatze hat….ein Erlebnis für sich. 🙂

Das Leben

Wenn ich so im Garten sitze, dem Wasserplätschern lausche und dabei in Gedanken versunken bin, muss ich feststellen, dass ich es doch verdammt gut getroffen habe in meinem Leben.

Ja, ich habe nicht nur einmal tief in die *** gegriffen und immer, wenn ich wieder stand, dann musste ich den nächsten Schlag einstecken. Meine Situation ist schon richtiger Mist, aber es ist nun mal auch nicht zu ändern. Kein Mensch braucht diese Erfahrungen und keiner will so etwas durchmachen müssen. Nun ja, aber ich musste und muss das und daran kann ich nichts ändern, mein Schicksal kann ich nicht bestimmen. „Das Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen“ (John Lennon). Das ist das Leben und ich habe es in diesem Leben wirklich gut getroffen (um zur Kernaussage zurückzukommen.)

Das Wichtigste im Leben, das habe ich. Ich habe zwar meine Ausbildung noch nicht beendet, verdiene kein Geld und wohne bei meinen Eltern. Aber sind diese Dinge wirklich so wichtig? So in Gedanken versunken, denke ich gerade… Ist es nicht unglaublich, dass ich mir trotz meiner Situation keine Sorgen zu machen brauche? Ich werde versorgt und umsorgt und darf einfach nur gesund werden. Ich habe die Möglichkeit zu Hause in einer eigenen Wohnung zu wohnen, ich kann dort in den Garten gehen und habe das Gefühl ich befinde mich tief in der Natur und könnte mir einbilden ein wenig Urlaub zu haben. Ich habe die Zeit für ein schönes Buch, die Zeit für Dinge, die ich gerne tue. Wer hat das schon im stressigen Alltag, in dem wir viel zu selten innehalten und uns auf die wichtigen Dingen im Leben konzentrieren. Ich erfahre immer wieder, wie wunderbar die Menschen in meinem Leben sind. Wie sehr sie bemüht sind, mich zu unterstützen, die kleinen Gesten und wunderbaren Nachrichten, so viele Menschen, die an mich denken und für mich beten. Ich bin oft sehr berührt und dankbar, es ist einfach schön. Meine Familie und Simon, die es auch nicht immer leicht haben in dieser Situation, sind immer da und geben mir Kraft und Halt und eine Schulter zum Ausweinen. Ich habe das Gefühl geliebt zu werden und weiß, dass ich niemals alleine kämpfen muss. Was braucht es mehr im Leben?

Stand 13.06.2016

Jetzt habe ich verhältnismäßig lange nichts von mir hören lassen. Gerade passiert nicht so viel und es gibt nicht viel Neues zu berichten, was an sich ja erst mal ein gutes Zeichen ist, würde ich sagen. Meine Werte sind stabil und die Ärzte sind zufrieden. Ich musste letzte Woche nur einmal ins UKM zur Kontrolle und wie es aussieht klappt das diese Woche auch. Das ist wirklich angenehm. In der KMT-Ambulanz wird man die ganze Zeit mit Patienten konfrontiert, denen es nicht gut geht und / oder die ein Rezidiv nach der Transplantation hatten. Man hört von Nebenwirkungen und Schmerzen und das möchte ich alles gar nicht wissen. Ich will nicht wissen, was ich noch so kriegen könnte….Ich habe beschlossen, dass es mir nur besser gehen wird!!! Mit kleinen Rückschlägen kann ich leben. Meine Blase beispielsweise macht mir wieder mehr Stress und es schmerzt beim Wasserlassen. Gut, das ist aber auszuhalten und kann man in Kauf nehmen.

Zuhause kann ich mich auch erstaunlich gut beschäftigen. Ich war noch nie Jemand, der sich langweilen würde. Ich weiß glaube ich gar nicht wie das geht. Ich finde immer wieder etwas das mal gemacht werden müsste oder grabe alles wieder aus, was ich mal sehr gerne gemacht habe, wofür man im normalen Alltag aber keine Zeit hat. Einen Roman lesen, in der Wohnung rumrödeln, ein Fotobuch basteln, meine Geige quälen, mein Spanisch auffrischen (ich hab ja sooo viel vergessen und verlernt), für eine Freundin aus Venezuela korrigiere ich ihre deutschen Texte und so weiter und so fort.

Auch wenn ich mich gut beschäftigen kann, sind Besuche und Anrufe aber weiterhin sehr erfrischend. Den ganzen Tag (bis zu Simons Feierabend zu mindestens) alleine mit sich selbst zu verbringen, fühlt sich sonst auch manchmal ziemlich einsam an 😉 .

So, mehr habe ich nicht zu berichten ….. außer …. Es gibt neue Fotos auf der Fotoseite

731 Tage

Genau heute vor zwei Jahren habe ich die Diagnose erhalten, an Leukämie erkrankt zu sein. Zwei Jahre sind seither vergangen und es ist viel passiert. Die Diagnose einer Knochenmarksschädigung und ein Rezidiv (Rückfall) mit darauffolgender Knochenmarkstransplantation folgten. Es waren zwei harte Jahre, gefüllt von Kummer und Schmerz, schlechten Nachrichten und Rückschlägen. Ich habe alles ertragen, habe alles über mich ergehen lassen, habe einen Großteil meiner Selbstbestimmung aufgegeben, habe gebetet und geweint. Ich habe gekämpft, bin nach jedem Schlag wieder aufgestanden und habe weiter gekämpft. Ich habe mein Leben vertrauensvoll in die Hände anderer gelegt und habe selbst mein Bestes gegeben.

Die letzten zwei Jahre waren ein Kampf, aber sie waren nicht schlecht. Ich habe viel gelernt in dieser Zeit, ich sehe die Welt jetzt vielleicht ein bisschen anders. Ich weiß was mir im Leben wirklich wichtig ist und wie es ist, sich mit seiner eigenen Unendlichkeit auseinander zu setzten. Ich habe viel über Freundschaften gelernt und darüber wie wichtig mein soziales Umfeld und vor allem auch meine Familie ist. Ich habe viel Unterstützung und Anteilnahme erfahren und werde dafür immer dankbar sein. Ich habe in den letzten zwei Jahren auch schöne Momente erlebt, perfekte Momente (meine Hochzeit, perfekt, ein Traum. Sie hätte schöner nicht sein können), anregende und bereichernde Gespräche geführt und gelernt die alltäglichen Dinge und Kleinigkeiten wertzuschätzen und zu genießen.

Es ging auf und ab. Es war hart und doch gab es schöne Zeiten. Nun ist es weiterhin hart, aber ich kämpfe weiter und es wird auch jetzt schöne Zeiten geben. Es sind die kleinen Momente, wie ein Buch im Schatten auf der Terrasse zu lesen…

Die Einschränkungen nach der Transplantation

Nach so einer Stammzellentransplantation muss man ziemlich viel berücksichtigen und ist in seinen Freiheiten doch sehr begrenzt, wie ich feststellen muss. Mir war nicht klar (wieder mal), dass die Einnahme der Immunsuppressiva, von deren Notwendigkeit ich zwar wusste, das Immunsystem derart schwächt, dass ich mich über die gesamte Einnahmezeit so verhalten muss, als wäre ich in Aplasie. Gut, könnte man denken, das kennen wir ja. Allerdings ist der Zeitraum nun beträchtlich länger. Minimal nimmt man das Medikament für 100 Tage ein, danach wird es langsam ausgeschlichen. Bei Reaktionen (GvHD, s.o) dauert das Ausschleichen natürlich länger und kann sich auch über 1 Jahr ziehen. Davon gehe ich nicht aus, aber dennoch, bin ich jetzt 100 Tage (30 sind bereits geschafft) in Allem was ich tue absolut eingeschränkt. Menschenmengen muss ich meiden, zu den vielen Feiern, Geburtstagen, etc., zu denen ich im Sommer eingeladen bin, kann ich nicht gehen. Ich darf nicht auswärts Essen, was bedeutet, dass ich mich auch nicht mal mit Jemanden auf einen kleinen Snack auswärts verabreden kann. Getränke auswärts gehen nur aus geschlossenen Flaschen. Mal gemütlich einen Kaffee trinken, ist nicht möglich. Stellt sich auch die Frage ob in einem Café nicht sowieso eine zu große Menschenmenge anzutreffen ist. Mein soziales Leben wird eingeschränkt und das ist doch das was ich noch habe, wo das Berufliche gerade sowieso stillsteht. Ich darf nichts Frisches zu mir nehmen, kein rohes Obst oder Gemüse und nur wärmebehandelte Milchprodukte. Das bedeutet den ganzen Sommer keine Fruchtgetränke, keine Cocktails, keine Erdbeeren oder anderes frisches Obst, das man im Sommer so gerne isst. Eisessen geht auf gar keinen Fall! Mit der Sonne muss ich aufpassen und darf mich nur im Schatten aufhalten. Alles was ich öffne, muss ich nach 24 Stunden entsorgen. Das stellt mich echt vor eine Herausforderung. Nüsse, Müsli, Körnerbrot ist alles verboten. Also man kann sagen, das wovon ich mich sonst ernährt habe, ist jetzt verboten. Ich bin übergegangen zu einer Tiefkühl-Ernährung (alles Ungesunde, was in den Backofen kann, darf ich nämlich essen). Frisches Gemüse kochen darf ich nur, wenn ich die Zutaten mit Mundschutz und Handschuhen zubereite und dabei x Mal die Messer und Brettchen wechsel. Das ist mir zu stressig. Ein Gericht aus frischen Zutaten gibt es also nur am Wochenende, wenn mein wunderbarer Mann für mich kocht. Eigentlich dachte ich, ich wäre gegen Ende des Jahres wieder die Alte, aber leider weiß ich nun, dass das Immunsystem mindestens ein Jahr braucht, bis es sich ganz aufgebaut hat. Dies bedeutet z.B. ein Jahr kein Besuch von Schwimmbädern, etc. Ich habe das Gefühl, ich bin raus aus allem!

Ich habe aber die Hoffnung und da halte ich auch ganz stark dran fest, dass sich die strengen Regeln vielleicht doch etwas aufweichen mit Verlauf der Zeit und mit dem Aufbau des Immunsystems. Dennoch finde ich es ziemlich schwer mir vorzustellen, jetzt so lange so eingeschränkt zu sein und es macht mich manchmal wütend, wobei ich glaube, dass die primäre Emotion wohl Traurigkeit sein wird. Wenn ich überlege, dass mir diese Transplantation das Leben gerettet hat, dann sollte ich jetzt nicht meckern, sondern nichts als dankbar darüber sein, dass ich alles so gut überstanden habe und es mir gerade so gut geht. Manchmal fühle ich mich schlecht, weil ich sauer über all die Einschränkungen bin und mich verzweifelt frage, wie ich das aushalten soll über die lange Zeit. Ich glaube, dass mein Problem nicht diese 100 Tage sind, sondern einfach die Dauer der Erkrankung. Es hieß immer: Christina, es ist ein Sommer, den du verpasst. Nun ist es der dritte Sommer. Seit 2 Jahren bin ich eingeschränkt. Mal mehr mal weniger, aber nie wirklich unbeschwert. Ich musste in diesen 2 Jahren auf sehr viel verzichten und nun geht das noch eine ganze Zeit so weiter. Es gibt viele, für mich wichtige Events und Feiern, die ich verpasse. Es wäre doch so wichtig Zeit mit Freunden zu verbringen, Spaß zu haben, zu lachen, unbeschwert zu sein. Ich wünsche mir einfach ein Stück Unbeschwertheit zurück. Ein Leben ohne Mundschutz, ohne Desinfektionsmittel, ohne Sorgen über Infektionen und Gedanken darüber was ich wann essen darf. Ich bin dankbar, aber trotzdem bin ich traurig und wütend, was mir das Gefühl gibt undankbar zu sein.